Wenn man weniger Stress im Leben möchte, ist es empfehlenswert, sich immer mal wieder in Genügsamkeit zu üben. Mit den folgenden Tipps und Ratschlägen sollte es möglich sein, dass das Zusammenleben in deiner Familie angenehmer und weniger stressig wird. Durch ein entspannteres Grundniveau sollte auch die Erziehung leichter fallen. Viel Spaß beim Lesen dieser kleinen Anleitung!
Inhalt:
- durch Genügsamkeit mehr Zufriedenheit im Alltag
- Anerkennung von Funktionalität
- Arbeit der anderen wertschätzen und in Relation setzen
Genügsamkeit oder antrainierte Zufriedenheit.
Wer sich das Leben leichter machen möchte, sollte sowohl sein Verhalten gegenüber Besitz als auch seiner Ansprüche gegenüber dem Konsum hinterfragen. Will, Muss, Brauche, Verlange, Benötige, Fordere – so viele Worte, so viel Unfug, weil sie so viel Unzufriedenheit schüren.
Wenn man sich jeden Tag bewusst macht, dass man zwar Wünsche haben und nach Fortschritt streben kann, deshalb aber nicht im Überfluss versinken und einen Nachschlag fordern muss, findet man bald eine schöne Balance. Wer sich oft genug daran erinnert, dass das Glück nicht vom eigenen Besitz, sondern von dessen Betrachtung abhängig ist, hat die minimalistische Denkweise bald verinnerlicht. Ständig wiederholte Gedankengänge erzeugen im Laufe der Zeit eine neue Realität.
Du magst das Beste verdient haben, aber manchmal genügt auch das, was man schon hat. Eine genügsame Herangehensweise sorgt für weniger Sorgen!
Genügsamkeit und eine vernünftige Anspruchshaltung zu haben, ist Einstellungssache. Wer es böse meint, würde behaupten, dass man aufgibt und sich mit der Situation abfindet. Aber ich finde, dass es uns im Großen und Ganzen gut geht, und wir uns über das freuen dürfen, was da ist.
Denken wir mal in Stereotypen: Möchtest du lieber die arme, zufriedene Frau, die glücklich über ihr bescheidenes Hab und Gut ist, oder der reiche, verbitterte Mann, der im Warenreichtum versinkt und dennoch in jeder freien Minute nach noch mehr geiert, sein?
Es wird einfacher, zufrieden und glücklich zu sein, je öfter man sich denkt: Es ist cool, dass ich das habe. Generationen vor mir hatten dieses Glück nicht. Sogar Milliarden Menschen, die am heutigen Tag und gar nicht so weit weg von dir leben, genießen die vielen Vorzüge eines bescheidenen Lebens in unseren Breitengraden auch nicht. Dennoch schafften und schaffen es viele von ihnen zufrieden und glücklich zu sein.
Eine vollgestopfte Wohnung ist nicht nötig, wenn man trotz kahler Stellen gar nichts vermisst. Wieso soll man ständig Erweiterungen anschaffen, wenn es einem nicht schlecht geht? Ein bisschen Bescheidenheit schadet nicht. Man kann Kleinigkeiten genießen, wenn man nicht ständig das größte Stück vom Kuchen abbekommen will.
Wir Leben in Zeiten des Überflusses. Für Genügsamkeit muss man sich vom Zeitgeist lösen. Ständig wird man mit Eindrücken von Sachen, die man haben könnte, genervt. Werbung, Nachbarn, Kollegen und Fremde behaupten: Diese Couch ist weicher, dieser Topf glänzt mehr, dieses Regal ist brauner. Das mag objektiv stimmen. Dennoch wird dein Leben nicht stimmiger, wenn du ihnen immer wieder auf den Leim gehst.
Bei vielen Dingen, bei denen man sich Unzufriedenheit einredet, handelt es sich um Produkte, die man früher aus guten Gründen wollte. Sie sind weder abgelaufen noch vergammelt! Klar, man hat sie schon tausendmal gesehen. Doch es sind Sachen, die helfen, deinen Alltag angenehmer zu gestalten.
Genügsamkeit ist mit genug verwandt. Man hat genug Dinge, die noch bestens funktionieren. Oft genügt das, was man hat. Es muss nicht immer wieder die neuere Variante gekauft werden. Ständige Neuanschaffungen sind bestenfalls kurz aufregend. Nüchtern betrachtet ist die Selbstverständlichkeit, ständig mehr/neue Waren zu haben, monoton. Es ist durch und durch langweilig, sich dauernd zuhause umzuschauen, nach Makeln und damit Begründungen zu suchen, warum man eine Alternative oder einen Zusatz kaufen müsste. Es sind dann negative Gedanken, die den Alltag dominieren. Wenn man stattdessen durch die Wohnung streift und die Dinge – solange sie einwandfrei funktionieren – akzeptiert, wie sie sind, hat man den Kopf frei für wichtige Projekte.
Fakt: Es könnte immer eine neue Sache gekauft werden.
Solange du Geld zur Verfügung hast, könntest du es für weitere Anschaffungen ausgeben. Doch wer nicht aufpasst, läuft sich im Hamsterrad des Konsums die Seele aus dem Leib. Irgendwann, wenn Umwelt oder Gesundheit endgültig ruiniert sind, stellt man sich wahrscheinlich die Sinnfrage: Was habe ich eigentlich mit meinem Leben angestellt? Ich habe eingekauft und weggeworfen! Kehre in dich ein, wahrscheinlich fällt dir auf, dass das, was du hast, gar nicht so übel ist. Zufriedenheit mit dem Ist-Zustand hat positive Nebeneffekte. Für die kurzzeitigen Glücksgefühle in Form der nächsten Neuanschaffung muss doch wirklich kein Geld ausgegeben werden. Das ist ein Rausch, der immer wieder blitzschnell verpufft.
Genügsamkeit sorgt dafür, dass man nicht ständig nach dem Kick durchs Kaufen suchen muss. Das Leben wird nicht zum Drahtseilakt in ständiger Angst vor dem freien Fall, falls dich Kredit, Dispo, Verbindlichkeiten und Finanzierung ins Straucheln bringen.
Es gibt immer zwei Betrachtungsweisen, man kann das Gute und das Schlechte sehen. Wenn du dir zum Beispiel ein Möbelstück anschaust, das dich schon seit Jahren begleitet, kannst du deinen Blickwinkel beeinflussen und so im Laufe der Zeit immer genügsamer werden. Der Tisch ist so erfahren, der hat zwar keine Falten, aber dafür Kratzer. oder Der Tisch ist so alt, der sieht schon voll ramponiert aus. Genügsamkeit ist die Entscheidung zwischen Glas halbvoll und halbleer.
Funktionalität entscheidet – auch bei Lifestyleprodukten wie Smartphones.
Bei den alltäglichen Dingen wird der Lebenszyklus gefühlt immer kürzer. Man kauft, wirft weg, man bestellt, retourniert. Es wird auf den Putz gehauen, als wäre man ein Maurer. Bei einem Pixelfehler geht ein neues Gerät samt Display zurück zum Verkäufer. Dort geht die Rückabwicklung weiter. Nach der Ausschlachtung darf der Restmüll im Meer versenkt werden. Ein bisschen weniger Anspruchshaltung sorgt für ein viel längeres Produktleben. Durch Zurückfahren der Geschwindigkeit kann man nicht nur etwas für den Geldbeutel, sondern auch für das Gewissen etwas tun.
Heutzutage wird bekanntlich gerne mit der Moralkeule geschwungen. Bei allen Themen, die sich um die Zerstörung oder Erwärmung der Welt drehen, ist schnell der Schuldige gefunden. Jemand anderes war es! Man selbst kauft ja nur, was man möchte. Man selbst hat sich ja seinen Lebensstandard ehrlich erarbeitet! Betrachtet man das große Ganze ist der eigene Teil schließlich klitzeklein. Wieso soll man zurückstecken, wenn die Anderen Kohle abbauen, die Anderen Auto fahren, mit Plastiktüten einkaufen, grillen oder in den Kurzurlaub fliegen? Da darf man sich wohl ein neues Handy gönnen!
Es wird Wasser gepredigt und Wein getrunken. Wer sich ständig neue Geräte aufgrund kleinster Fortschritte und Veränderungen zulegt, ist scheinheilig, wenn er/sie/es es wagt, über Umweltverschmutzung zu klagen. Wer ständig überflüssig konsumiert hat schlicht das Recht verwirkt, sich über andere zu beschweren. Und das ist doch eine der größten Freuden des Lebens, oder geht das nur mir so?!
Man kann sich und der Umwelt einen großen Gefallen tun, wenn man Dinge benutzt, bis sie verbraucht sind beziehungsweise bis sie ihre Arbeit getan haben. Man kann die Müllproduktion und seine eigene Geldverschwendung entschleunigen, indem man seine Ansprüche vom siebten Himmel auf den Boden der Tatsachen holt. Für genügsame Minimalisten führt der Weg zur Zufriedenheit hinaus aus der Wegwerfgesellschaft.
Technische Neuerungen, die das Leben erleichtern, sind wunderbar und jedem gegönnt. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Anschaffungen allerdings nicht um technische Weiterentwicklungen, sondern um kosmetische Veränderungen. Es werden gute Produkte weggeworfen, weil man eifersüchtig war, aufgestachelt wurde oder nicht nur dazugehören, sondern auffallen wollte. Besonders bei Technik gilt: Nur weil es nicht neu ist, ist es nicht wertlos. Sobald es eine neue Version eines Elektronikgeräts gibt, muss man sein altes Ding nicht mutwillig zerstören (lassen). Es ist in den meisten Fällen immer noch ein Wunderwerk der Technik. Es gilt, Leistung entscheiden zu lassen, nicht mehr zu bewerten, ob man damit Neid schüren kann.
Gebrauchsgegenstände dürfen benutzt werden, bis sie verbraucht sind. Kleine Mängel machen ein Teil nur für Winkeladvokaten mangelhaft.
Genügsamkeit steht dafür, dass man Produkte nicht um der Neuheit Willen kauft. Es werden langjährige Verträge abgeschlossen und irgendwelche Rohstoffe aus den tiefsten Bergbauten geklopft, weil …?! Weil das neue Smartphone 4 Klingonen mehr hat als der Vorgänger und 19 Nanogramm weniger wiegt?! Das klingt verschwenderisch. Das klingt nach einem reichen, verbitterten Mann, der sich über seinen Besitz definiert. Das ist weder minimalistisch noch bist das du!
Stattdessen könnte man auch begeistert sein, was das derzeitige Smartphone alles kann. Wir könnten auch einfach dankbar sein, dass das ganze Zeug funktioniert. Technik, Herstellung, Vertrieb und Unterhalt sind für den Normalgebildeten derart kompliziert, dass das Meckern auf derart hohem Niveau schon abgehoben wirkt. Erkläre mir mal, wieso mir meine Mutter kostenlos Fotos aus 500 Kilometern Entfernung ohne zeitliche Verzögerung schicken kann?! Wenn deine Antwort irgendwas mit Wellen und Satellit lautet, hast du genauso wenig Ahnung wie ich. Wir sollten uns also glücklich schätzen, so ein verrücktes Teil in der Tasche zu haben, statt die paar Kratzer oder die paar Millisekunden Verzögerung bei den Reaktionen zu monieren.
Arbeit wertschätzen und in Relation setzen.
Von unserem Geld kaufen wir die erbrachte Leistung von Fremden. Wenn man mal überlegt, was man für seine Arbeit alles bekommt, fällt es leichter, etwas genügsamer zu sein.
Es wird viel geschimpft über den Kapitalismus, über Ausbeutung und Gier. Im Grunde genommen ist Geld eine wunderbare Sache. Die Möglichkeit der Bezahlung mit Geld bedeutet, dass man sich die Aufgaben im großen Stil teilen kann. Jeder erbringt seinen Teil der Arbeit und kann das erarbeitete Geld gegen die Erträge der anderen tauschen.
Das alleine ist schon gut, weil man sich auf eine Tätigkeit, die einem liegt, spezialisieren kann. Aber es wird noch besser. Hierzulande spielt es fast keine Rolle, wie man sein Geld erarbeitet hat. Nicht alles ist perfekt, du hast vielleicht nicht den Hauptgewinn erwischt. Aber nüchtern betrachtet, hast du ein gutes Los gezogen. Man macht immer ein gutes Geschäft, wenn man das Geld clever einsetzt. Man investiert einige Stunden seines Tages und bekommt dafür fast alles. Also das, wofür man sich entscheidet. Bisschen arbeiten, über kurz oder lang kannst du dir fast alles kaufen, was es gibt! Durch Massenproduktion, Import und Wettbewerb kann man trotz eventuellem Lohndumping unglaublich viel gegen die eigens erbrachte Leistung tauschen. Das ist doch eine Tatsache, mit der man zufrieden sein kann, oder?
Statt sich über diesen Service und jene Qualität zu beschweren, sollte man sich mal überlegen, für wie wenig Kraftanstrengung man das alles genießen kann. Jemand anderes nimmt dir diese Drecksarbeit ab, die du ja offensichtlich nicht erledigen kannst/möchtest. Es ist angebracht ein bisschen Demut zu zeigen, und nicht immer mehr zu verlangen. Minimalistisch sein heißt: Nicht ständig meckern, weil etwas nicht den Traumvorstellungen entspricht!
Klar, man könnte es als Geldmacherei sehen, doch in die Produktion von Dingen und der Erbringung von Dienstleistungen wurde sehr oft sehr viel Kraft und Anstrengung investiert. Viele Menschen haben angepackt, um dich zu bedienen. Sei es sichtbar wie der Paketbote oder unsichtbar wie der Fabrikarbeiter, du bekommst für deinen Geldwert viele helfende Hände. Nur weil man etwas durch das Wedeln von ein paar Scheinen bekommen kann, heißt das nicht, dass man die damit verbundenen Leistungen wie Luft behandeln muss.
Wer sich über die Selbstverständlichkeit, wie einfach alles erhältlich ist, wieder freuen kann, lebt besser.
Die Bescheidenheit, dass man einfach froh ist, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, einen Gegenstand herzustellen, ist vielerorts völlig abhanden gekommen. Dienstleistungen und Produktionen anderer Leute dürfen wertgeschätzt werden. Ich-Bezogenheit führt in diesem Zusammenhang zu Frust, weil man ständig nur die negativen Aspekte sieht: zu spät, zu schlecht, zu teuer.
Genügsamer ist es, wenn man sich klar macht, dass auch die Mitmenschen ihre Leistung erbracht haben. Bei mir funktioniert das gut, wenn ich Alltägliches in Relation setze. Ich stelle mir vor, wie hart ich für einen Betrag arbeiten musste. Dann vergleiche ich das mit der Arbeit, die mir erspart wurde, weil andere ihren Ertrag gegen mein Geld tauschen. Das Ergebnis ist immer ein gutes Geschäft für mich. Ich bekomme so viele Dinge, die ich möchte, und muss dafür nur ein wenig meiner Leistungsfähigkeit aufwenden.
Um mal so richtig bescheiden zu wirken: Ich kann mich immer wieder über Tiefkühlgemüse freuen. Ja, richtig gelesen! So genügsam bin ich! Bin ich nicht toll?! Spaß beiseite. Es ist schon sehr erfreulich, wie wenig Arbeit, Zeit und Anstrengung ich investieren muss, um beispielsweise eine Packung Spinat zu bekommen. Müsste ich ihn selbst anbauen, ernten und putzen – puh, bei mir würde es schätzungsweise nie Spinat geben. Die ganzen Vorgänge übernehmen andere fleißige Leute für mich. Es wird noch besser: Wieder andere Leute halten ihn quasi jederzeit bereit und verkaufen ihn mir mal mehr, mal weniger freundlich wann immer ich Lust darauf habe. Wenn der Spinat ein bisschen angetaut ist, wenn er wässrig und schrumpelig aussieht, könnte ich mich natürlich aufregen. Ich könnte mich beim nächsten Einkauf bei der Kassiererin beschweren und ihr die Laune noch mehr vermiesen. Aber eigentlich sollte ich mich immer noch glücklich schätzen, so einen genialen Deal machen zu können.
Bevor du den negativen Gedanken folgst, solltest du schauen, ob es nicht eigentlich gut ist, wie es ist. Ein großer, dicker Bär aus einem gemütlichen Dschungel könnte dir ein Liedchen singen: Probier’s mal mit Genügsamkeit!
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Dieser Beitrag ist ein Kapitel des Buches minimalistische Balance von Anders Benson. Mehr Informationen und viele Bezugsquellen findest du >>> hier (Übersichtsseite zu minimalistische Balance: Ausgeglichenheit und Zufriedenheit durch weniger Stress, weniger Dinge, mehr Geld, mehr Zeit)